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Die Offene Gesellschaft (OG) ist eine der wichtigsten Gesellschaftsformen im österreichischen Unternehmensrecht. Sie gehört zu den Personengesellschaften und ist in den §§ 105 bis 160 des Unternehmensgesetzbuches (UGB) geregelt. Die OG zeichnet sich durch die persönliche Haftung der Gesellschafter aus und bietet eine flexible Struktur für kleine und mittlere Unternehmen. Es handelt sich um eine unter eigener Firma geführte Gesellschaft, die zu jedem erlaubten Zweck errichtet werden kann. Im Unterschied zu Kapitalgesellschaften wie zB der Flexiblen Kapitalgesellschaft oder der GmbH, ist keine Einmann-Gesellschaft möglich.
Tipp: Einen Überblick zu den verschiedenen Gesellschafts- bzw Rechtsformen finden Sie hier.
Gründung einer OG
Zur Gründung einer OG sind mindestens zwei Gesellschafter erforderlich, die natürliche oder juristische Personen sein können.
Der Gesellschaftsvertrag muss nicht schriftlich abgeschlossen werden, jedoch ist dies aus Beweisgründen empfehlenswert.
Die Gesellschaft muss ins Firmenbuch eingetragen werden, wodurch sie ihre Rechtsfähigkeit erlangt.
Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR), welche nicht ins Firmenbuch eingetragen werden kann und somit auch nicht rechtsfähig ist.
Haftung
Ein zentrales Merkmal der OG ist die unbeschränkte und solidarische Haftung der Gesellschafter. Zwar haftet die Gesellschaft als Rechtssubjekt für die Gesellschaftsschulden mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen. Neben diesen Haftungsfond tritt jedoch zusätzlich die Haftung der Gesellschafter. Das bedeutet, dass jeder Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit seinem gesamten Privatvermögen haftet. Diese Haftung erstreckt sich sowohl auf die bestehenden als auch auf zukünftige Verbindlichkeiten. Eine Beschränkung dieser Haftung ist nur im Innenverhältnis möglich, hat jedoch keine Außenwirkung gegenüber Dritten.
Tipp: Sollte die Beschränkung der Haftung ein wesentliches Kriterium bei der Unternehmensgründung für Sie sein, empfiehlt sich die Wahl einer anderen Rechtsform, wie beispielsweise einer Kommanditgesellschaft (beschränkte Haftung der Kommanditisten) oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gerne stehen wir bei derartigen Fragen zur Verfügung und unterstützen Sie bei der Wahl der richtigen Rechtsform. Fragen Sie hier unverbindlich an.
Geschäftsführung und Vertretung
In der OG steht die Geschäftsführung allen Gesellschaftern zu, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Jeder Gesellschafter hat das Recht und die Pflicht, an der Führung der Geschäfte mitzuwirken (§ 114 UGB). Es muss hierbei jedoch zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Geschäften unterschieden werden. Für Ersteres besteht Einzelgeschäftsführungsbefugnis, was bedeutet, dass jeder Gesellschafter alleine Geschäftsführungshandlungen vornehmen kann. Gleichzeitig besteht jedoch ein Widerspruchsrecht der übrigen Gesellschafter, sofern diese mit der Geschäftsführungshandlung nicht einverstanden sind. Die Handlung hat zu unterbleiben, sofern nur ein Gesellschafter widerspricht.
Bei außergewöhnlichen Geschäften bedarf es eines einstimmigen Beschlusses aller Gesellschafter. Beispiele hierfür wären die Aufnahme eines hohen Kredites oder der Erwerb einer Beteiligung.
Bei der Vertretung der Gesellschaft, welche nach dem geltenden Prinzip der Selbstorganschaft durch die Gesellschafter erfolgt, besteht keine Differenzierung in gewöhnliche und außergewöhnliche Geschäfte. Hier ist nach § 125 UGB jeder Gesellschafter einzelvertretungsbefugt, es sei denn, im Gesellschaftsvertrag wird eine abweichende Regelung getroffen.
Kapital und Einlagen
Anders als bei den Kapitalgesellschaften bestehen keine gesetzlich vorgeschriebenen Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungspflichten. Auch eine Einlage durch die Gesellschafter ist nicht zwingend vorgeschrieben und obliegt der Regelung im Gesellschaftsvertrag.
Gewinn- und Verlustverteilung
Die Verteilung von Gewinn und Verlust erfolgt nach den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag. Gibt es keine spezifischen Regelungen, so wird der Gewinn gemäß § 121 UGB grundsätzlich nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung zugewiesen. Sofern die Gesellschafter nicht im gleichen Maß zum Gewinn beitragen, ist dies bei der Gewinnzuweisung angemessen zu berücksichtigen. Besteht der Beitrag eines Gesellschafters (nur) in der Erbringung von Dienstleistungen, hat er keinen Kapitalanteil, was bedeuten würde, dass er nicht am Gewinn beteiligt ist. In solch einem Fall wäre ein den Umständen nach angemessener Betrag des Jahresgewinns zuzuweisen. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, vertraglich eine Beteiligung am Kapital zu vereinbaren. Der restliche Betrag des Gewinnes wird im Verhältnis der Beteiligung unter den Gesellschaftern verteilt. Mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung wird auch ein Verlust im Verhältnis der Beteiligung zugewiesen. Ein Arbeitsgesellschafter ohne Kapitalanteil nimmt nicht am Verlust teil.
Übertragung der Mitgliedschaft
Dem personalistischen Charakter der Personengesellschaften entsprechend sind Geschäftsanteile grundsätzlich nicht übertragbar. Aber wie des Öfteren in der Juristerei bestehen von der allgemeinen Regel einige Ausnahmen. So kann eine Übertragung erfolgen, wenn alle Gesellschafter ihre Zustimmung erteilen oder eine derartige Möglichkeit bereits im Gesellschaftsvertrag festgelegt worden ist.
Beendigung der OG
Die OG kann durch verschiedene Umstände beendet werden, beispielsweise durch Zeitablauf, Beschluss der Gesellschafter, Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder durch gerichtliche Entscheidung. Bei Beendigung der Gesellschaft erfolgt eine Liquidation, bei der das Gesellschaftsvermögen verwertet und die Gläubiger befriedigt werden. Etwaige verbleibende Vermögenswerte werden unter den Gesellschaftern verteilt.
Vorteile der OG
- Einfachheit und Flexibilität: Die OG ist relativ einfach zu gründen und zu führen.
- Direkte Beteiligung: Gesellschafter haben direkten Einfluss auf die Geschäftsführung und Entscheidungsprozesse.
- Keine Mindestkapitalvorschriften: Es gibt keine gesetzlichen Anforderungen an ein Mindestkapital.
Nachteile der OG
- Unbeschränkte Haftung: Die unbeschränkte Haftung der Gesellschafter kann ein erhebliches persönliches Risiko darstellen.
- Kapitalbeschaffung: Fremdkapital zu beschaffen ist unter Umständen einfacher, da den Gläubigern auch der persönliche Haftungsfonds der Gesellschafter zur Verfügung steht.
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